Die Biologie von Wasserpflanzen


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Anatomie (Blattaufbau, Blattformen, Wurzelaufbau)
Stoffwechsel (Kohlendioxidaufnahme, Nährstoffaufnahme)
Symbiosen (methanotrophe Bakterien, Mykorrhiza)
 
 

Allgemeines

Es gibt nur sehr wenig Literatur über Wasserpflanzen. Nur als Plage auftretende Arten, werden in ihrer Biologie genauer beschrieben.
Bei meiner Suche nach wissenschaftlicher Literatur musste ich mich in den englischsprachigen Bereich begeben. Die heute übliche Bezeichnung ist „aquatic macrophytes“ und soll die Gefässpflanzen oder höheren Pflanzen von den Algen abgrenzen.

Es ist kaum möglich aquatische von terrestrischen mit Pflanzen bewachsenen Bereichen abzugrenzen. In vielen Regionen unterliegt der Wasserstand jahreszeitlichen Schwankungen.
Als Wasserpflanzen werden daher diejenigen bezeichnet, die submerse Pflanzenteile haben, auch wenn  sie zeitweilig trockenfallen können oder sogar Trockenzeiten für das Erreichen ihrer generativen Phase benötigen.

Es gibt verschieden Gruppen von Wasserpflanzen.

1.     Wasserpflanzen, die im Boden oder auf Substraten wurzeln

1.1.     emerse Arten, die über das Wasser hinaus wachsen können
Beispiele: Butomus, Eleocharis, Glyceria, Ludwigia, Phragmites, Saururus, Schoenoplectus, Typha und Zizania

1.2.     Arten mit Schwimmblättern
1.2.1.     mit Rhizom
Beispiele: Aponogeton, Nymphaea

1.2.2.     Stolonen bildende
Beispiele: Brasenia, Luronium, Nymphoides, Potamogeteon natans

1.3.     submerse Arten
1.3.1.     caulescenter Typ
Beispiele: Elodea, Hydrilla, Lagarosiphon, Najas, Potamogeton pectinatus

1.3.2.     Rosettenpflanzen
Beispiele: Aponogeton madagascariensis, Cryptocoryne affinis, Isoetes, Littorella, Sagittaria subulata, Vallisneria

1.3.3.     Thalloidpflanzen (Thallophyten)
Beispiele: Hydrobryum, Podostemum, Ternicola, Tristicha, Zeylandium

2.     frei treibende Wasserpflanzen
Beispiele: Ceratophyllum, Ceratopsis pteroides, Eichhornia crassipes, Hydrocharis, Lemna, Limnobium, Pistia, Trapa, Wolffia

Unter den Wasserpflanzen gibt es Farne (Pteridophyten), zweikeimblättrige Pflanzen (Dicotylidonen) und einkeimblättrige Pflanzen (Monokotylidonen).

Süsswasser, Salzwasser und Brackwasser können besiedelt werden.
 
 

Anatomie

Wasserpflanzen unterscheiden sich nur wenig von Landpflanzen. Die Blätter der verschiedenen Arten weisen aber Besonderheiten auf. Emerse Arten sind häufig Sumpfpflanzen, die nur teilweise im Wasser leben. Entweder, weil sie über das Wasser hinaus wachsen oder durch jahreszeitliche Schwankungen des Wasserspiegels teilweise an Land stehen. Submerse Arten befinden sich immer mit allen Pflanzenteilen unter Wasser.
 
 

Blattaufbau

Die Blätter emerser Pflanzen:
Diese Pflanzen wachsen nur teilweise unter Wasser und sind auch an ein Landleben angepasst. Sie verfügen über Stomata in deren Zellen sich Chloroplasten befinden.
Die Zellwände sind verdickt und in den oberen Zellschichten befinden sich keine Chloroplasten. Das Blatt enthält kein Palisadengewebe, sondern besteht, abgesehen von den äusseren kompakten Zellschichten, aus einem lockerem Zellverband, dessen Zwischenräume mit Luft gefüllt sind. Die Leitbündel verlaufen längs durch das Blatt. Sie sind sehr fein, aber zahlreich.
Das Blatt kann durch Sklerenchymzellen und Silicium Fäden auf der Oberfläche der Epidermis stabilisiert werden (Zizania aquatica).
Das Xylem befindet sich normalerweise an der Innenseite der Leitgefässe.  Bei einigen Arten gibt es aber auch inverte Leitgefässe. Teilweise zusammen mit „normal“ ausgerichteten (Sagittaria sagittifolia).
Die Pflanzen sind in der Lage eine Zeit ohne Luft (anaerob) zu leben. Nachdem sie die Oberfläche erreicht haben setzt sofort Gasaustausch mit der Luft ein.
Auch Wasserpflanzen müssen Wasser abgeben und transpirieren.
Die Stengel solcher aufrechten Wasserpflanzen ist mit Luft gefüllt. Im Zentrum befindet sich ein Gewebekern, daran schliessen sich das Xylem, das Cambium und das Phloem an, dann folgt eine Zone mit aerenchymatischem Gewebe und die Epidermis.
Auch einige Landpflanzen können eine Weile unter Wasser überleben. Viele Sumpfpflanzen (z.B. Ludwigia, Cryptocoryne) können auch ständig submers wachsen. Allerdings sind sie unter diesen Bedingungen häufig steril.
Die Blätter verändern ihre Form, wenn die Pflanze die Wasseroberfläche durchstÖsst. Meistens werden sie breiter, kürzer und bilden kürzere Blattstiele aus.
Beispiel in der Abbildung: links Limnophila aquatica (Riesensumpffreund); rechts Eichhornia azurea (Azurblaue Wasserhyazinthe)
 
 

Schwimmblätter:
Die Blätter können rund, herzförmig, oval oder länglich sein. In ihrer Struktur unterscheiden sie sich nicht.
Die Oberseite ist dicht mit chlorophyllhaltigem Palisadengewebe besetzt, das nur durch die Atemöffnungen unter den Stomata unterbrochen wird. Das Schwammgewebe ist regelmäßig angeordnet, so dass sich zwischen einzelnen Zellreihen große Luftkammern bilden.
An der Blattunterseite befindet sich eine Epidermis ohne Stomata. Ober- und Unterseite sind mit einer Cuticula (Wachsschicht) überzogen.

Blätter submerser Pflanzen:
Submerse Pflanze bilden meistens von einem zentralen Punkt aus rosettenartig abgehende Blätter oder einen langen Trieb, der dicht mit Blättern besetzt ist.
Bei den Rosettenpflanzen ist der Spross selbst sehr stark gestaucht, so dass die Nodien dicht zusammenstehen. Zu diesen Pflanzen gehören unter anderem Aponogeton,  und Vallisnerien. Stengelpflanzen bilden einen gestreckten Spross auf dem sich die Blätter gleichmässig verteilen.
Blattstruktur entspricht der der emersen Pflanzen.
 
 

Blattquerschnitt von Wasserpest (Elodea)
Die Blattspreite besteht nur aus zwei Zellschichten.


 

Der Blattaufbau unterscheidet sich nicht also nicht nur von Art zu Art, sondern auch an den Teilen einer einzigen Pflanze. Pflanzenteile, die den Wasserspiegel durchstossen zeigen andere Blattformen als die Teile unter dem Wasser. Als Beispiel sind hier Querschnitte aus einem emersen Blatt und einem Schwimmblatt dargestellt.
 
 
 
 

Schema eines Laubblattes an einer Landpflanze

Schema eines Schwimmblattes


 
 

Blattformen

Die Blattformen sind sehr variabel. Eine genaue Beschreibung von möglichen Blattformen befindet sich auf der Seite mit den Bestimmungsmerkmalen.

Vollständige Blätter:
Die vollständigen Blattformen sind am häufigsten und kommen in allen Gattungen weltweit vor. Die gitterförmigen oder gefensterten Blätter bilden nur wenige Aponogeton-Arten auf Madagaskar (A. madagascariensis, A. henkelianus) aus. Geteilte Blätter werden von Dicotylidonen weltweit ausgebildet.
Blätter, die vollständig unter Wasser bleiben sind dünn und fast durchscheinend.
Die meisten sind länglich, besonders bei den Rosettenpflanzen. Sie sind teilweise nur wenige Zentimeter breit aber sehr lang. Vallisneria gigantea erreicht eine Länge von mehr als 2 Metern, die Blattbreite übersteigt 1-1,5 cm nicht. Auch Sagitta sagittifolia kann eine Länge von 2 m erreichen. Die Blätter von Potamogeton und anderen Gattungen bleiben kürzer, sind teilweise aber nicht breiter als 1 mm.
Die Gattung Aponogeton hat eine Reihe verschiedener Blattformen. Die Arten aus Nordaustralien, Neuguinea (A. elongatus), aus Malaysia (A. stachyosporus) und Sri Lanka (A. crispus, A. rigidifolius) haben häufig lanzettliche Blätter. Sie können glatt, gewellt oder gekräuselt sein. In Südasien finden sich zwei weitere Arten: A. undulatus ähnelt den vorherigen Formen, ist aber dünner; A. natans hat stark verlängerte lanzettliche Blätter, die nur wenig gewellt sind.
Auch auf Madagaskar gibt es schöne Arten. A. ulvaceus hat breitlanzettliche, dünne völlig durchscheinende Blätter. Die Mittelrippe ist manchmal kürzer als die Blattspreite, so dass sich keine Spitze ergibt, sondern eine u-förmige Einbuchtung. Die Blätter sind in sich gedreht, da die äusseren Regionen dreimal stärker wachsen als die inneren an der Mittelrippe.
A. berneanus verliert im Alter einige Stücke aus der Blattspreite. A. madagascariensis und A. henckelianus sind vollständig perforiert. Im Laufe des Blattwachstums werden bei A. madagascariensis die zukünftigen Fenster in eine rechteckige Form aus verkorkenden Mesophyll-Zellen eingeschlossen, sterben ab und fallen heraus. Der Sinn der Perforation ist unklar, da für die Fotosynthese viel Fläche verloren geht. Verringerung des Wasserwiderstandes in strömenden Gewässern ist eher unwahrscheinlich, da die Pflanze auch in stehendem Wasser gefunden wurde. Ausgeschlossen werden kann, dass die Pflanze die Blatt-Teile zur Gewichtsreduktion abstÖsst, weil ihr ein Aerenchym fehlt, das ist in jungen Blättern vorhanden.

Geteilte Blätter:
ähnlich wie bei der „Vergitterung“ von A. madagascariensis, werden die in der Anlage noch ganzen Blätter aufgesplittet und bilden viele freie Segmente. Die Blätter können auf die Blattrippen mit etwas Blattfläche reduziert sein (Hottonia) oder nur noch aus haarfeinen Segmenten bestehen (Cobomba, Ceratophyllum, Limnophila). Diese Segmente könne gepaart am Stengel sitzen (Cabomba) oder Quirle bilden (Limnophila).
Die Länge und Dicke der Segmente kann innerhalb der Art variieren. In fliessendem Wasser sind sie häufig kürzer und fester.
Durch die Segmentierung wird die Blattfläche bis zu 6mal grÖsser als bei ungeteilten Blättern. Ihre Effektivität bei der Ausnutzung von Nährstoffen und Gasen ist dennoch nicht höher.
 
 

Wurzelaufbau

Die Wurzeln sollen nicht nur Nährstoffe aufnehmen, sondern der Pflanze auf dem meistens schlammigen und instabilen Boden Halt geben. Das Wurzelsystem von Wasserpflanzen beinhaltet häufig ein Rhizom oder eine Knolle. Die Wurzeln sind lang, aber wenig verzweigt.
Ein Hauptproblem ist der Sauerstoffmangel unter Wasser, der Gehalt kann auf 0,4 Vol.% oder darunter sinken. Die Sauerstoffkonzentrationen in den Interzellularen ändern sich im Laufe eines Tages und im Laufe des Jahres, in Abhängigkeit von der Fotosyntheserate und der Wassertemperatur. In der Wurzel ist die Sauerstoffkonzentration immer geringer als in den Blättern oder dem Spross. Es wird vermutet, das es durch die Hohlräume zur osmotischen Leitung von O2 in die Wurzel kommt. Menyanthes trifoliata und Eriophorum angustifolium geben über die Wurzeln Sauerstoff an den Boden ab. Dabei wird gelöstes Eisen oxidiert und fällt aus, so dass Eisentoxizität vermieden wird.
Ob die Pflanzen ihre Nährstoffe aus dem Wasser direkt oder mit den Wurzeln aufnehmen ist unklar. Meist unklar. Für Vallisnerien wurde aber mittlerweile nachgewiesen, dass sie kaum Nährstoffe über die Blätter aufnehmen können. Auch bei Pflanzen, die überwiegend im Sumpf wachsen und nicht ständig untergetaucht, ist es wahrscheinlich, dass sie einen großen Teil ihres Nährstoffbedarfs über die Wurzeln decken. Beispielsweise bilden Echindorusarten und -Sorten auch unter Wasser ein sehr großes Wurzelsystem aus. Wasserähren (Aponogeton) stocken im Wachstum, wenn man die Wurzeln beschädigt. Erst nachdem neue Wurzeln gebildet wurden wachsen weider verstärjkt Blätter nach. Es werden von Wasserpflanzen auch Wurzelhaare ausgebildet.
Es gibt aber auch eine Reihe von Wasserpflanzen mit geringem oder ohne Wurzelwachstum. Dazu gehört zum Beispiel das Hornkraut oder Nixkraut. Solche Pflanzen nehmen die Nährstoffe über den ganzen Pflanzenkörper auf.
 
 

Symbiosen

Mykorrhiza:
Nur wenige Wasserpflanzen bilden Mykorrhiza aus. Die Symbiose mit den Pilzen verbessert die Verfügbarkeit von Phosphat und stellt auf nährstoffarmen Standorten eine Anpassung dar.
Nachgewiesen wurde sie bei Littorella uniflora, Lobelia dortmanna und Ericaulon septangulare, die in den Uferbereichen von Seen in Europa und Nord-Amerika vorkommen.
Eine dänische Studie weist Mykorrhiza zusätzlich in Seen an Elatine hexandra und Ranunculus flammula. Auch an dem emersen Polygonum amphibium wurden die Pilze nachgewiesen. In fliessenden Gewässern wurde nur an emersen Arten Mykorrhiza gefunden.

Methanverzehrende Bakterien:
Eine Studien in Neuseeland hat erwiesen, dass Wasserpflanzen und Sumpfpflanzen mit methanotrophen Bakterien zusammenleben. Die Bakterien sind aerob und daher auf den Sauerstoff angewiesen, den die Pflanzen in ihrem Aerenchym in die Tiefe leiten. Die Bakterien nutzen das Faulgas Methan als Kohlenstoffquelle und geben Wasser und Kohlendioxid ab. Sie besiedeln sowohl den Stengel und die Blätter, als auch die Wurzeln.
Nachgewiesen wurden diese Bakterien an Potamogeton crispus, Eleoda canadensis, Lagarosiphon major, Vallisneria gigantea, Egeria densa, Ceratophyllum demersum, Callitriche stagnalis, Isoetes alpinus, Myriophyllum triphyllum, Potamogeton cheesemanii, Lilaeopsis ruthiana, Limosella lineata und Nitella hookeri.
(Quelle: Sorrell, Brian K. et al. (2001): Methanotrophic bakteria and their activity on submerged aquatic macrophytes.- Aquatic botany 72 (2002) 107-119)
 


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