In Teichen, Seen und Flüssen leben kleine Schnecken mit napfförmiger bzw. mützenförmiger Schale.
Sie sind meist etwa 2 bis 3 mm lang, selten bis fast 1 cm groß. Diese Tiere werden als Teichnapfschnecken, Flußnapfschnecken und Mützenschnecken bezeichnet.
Sie sind keine Süßwasserformen der Napfschnecken, die wir von den Meeresküsten kennen, sondern gehören zum Verwandtschaftskreis der Wasserlungenschnecken.
Im Gegensatz zu den sehr ursprünglichen Meeresnapfschnecken, stammen die Süßwassernapfschnecken von Schnecken ab, die vom Land wieder ins Wasser zurück gekehrt sind.
Napfschnecken | Teich- Napfschnecken | Fluß- Napfschnecken | Meeres- Napfschnecken |
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Klasse | Schnecken (Gastropoda) | Schnecken (Gastropoda) | Schnecken (Gastropoda) |
Klade | Hygrophila | Eupulmonata | Patellogastropoda |
überfamilie | Acroloxioidea | Planorboidea | Patelloidea |
Familie | Acroloxidae | Planorbidae | Patellidae |
Gattungen (Beisp.) | Acroloxus | Ancylus, Ferrissia | Patella, Cellana, Acmaea |
Meeresnapfschnecken haben ein sehr festes Gehäuse. Sie sind meist zwischen 3 und 6 cm lang. Einige Arten sind aber auch kleiner und
andere werden bis zu 10 oder 11 cm groß. Sie leben im Gezeitenbereich auf Felsen. Bei Niedrigwasser sind sie auf dem Trockenen.
Süßwassernapfschnecken sind viel kleiner und zerbrechlich. Sie leben auf und unter Steinen und auf Pflanzen in Flüssen und Seen.
Sie fressen Algen und anderen Aufwuchs. Das Wasser verlassen Sie nicht.
Die kleinen Napfschnecken in unseren Aquarien gehören zu zwei verschiedenen Schneckenfamilien.
Die Arten der Gattung Acroloxus werden als eigene Familie Acroloxidae geführt.
Sie sind verwandtschaftlich weit entfernt von den übrigen Arten und stehen den Schlammschnecken (Lymnaeidae) am nächsten.
Die übrigen Süßwassernapfschnecken rechnet man zu den Planorbidae.
Sie wurden früher als eigene Familie (Ancylidae) aufgefasst, sind aber als solche nicht monophyletisch.
Außer den hier erwähnten Gattungen Ancylus und Ferrissia gibt es zum Beispiel in Nordamerika
Laevapex, Hebetancylus und Rhodacmea, in Südamerika Uncancylus, Gundlachia (auch in den USA und Neuseeland)
und Burnupia in Afrika.
Manchmal werden auch Septaria-Arten und andere Nixenschnecken (Neritidae) mit flachem Gehäuse als "Napfschnecken" bezeichnet.
Sie sind aber weder mit den Meeresnapfschnecken, noch mit den Süßwassernapfschnecken näher verwandt.
Die Süßwasserwassernapfschnecken haben eine flaches Gehäuse ohne Windung.
Im Embryonalstadium wird ein normales, gewundenes Gehäuse angelegt.
Beim vollentwickelten Tier ist dann aber nur noch die napfartige Schale zu sehen.
Diese Schnecken sind zwittrig. Bei Ferrissia rivularis und Ferrissia fragilis wurde nachgewiesen, dass sie sich ausschließlich durch Jungfernzeugung vermehren.
Bei den Teichnapfschnecken (Acoloxidae Thiele 1931) ist die Gehäusespitze (Apex) nach hinten links gerichtet.
Geschlechtsöffnungen und After liegen an der rechten Körperseite.
Bei den Flussnapfschnecken oder Mützenschnecken (Ancylidae) ist die Spitze nach hinten rechts gebogen.
Süßwassernapfschnecken gehören zwar zu den Lungenschnecken, aber ihre Lungenhöhle ist zurückgebildet.
Ein Zipfel des Mantels und im begrenzten Maße auch der Rest der Hautoberfläche dienen der Sauerstoffaufnahme aus dem Wasser.
Der Körper ist immer vollständig vom Gehäuse bedeckt.
Napfschnecken leben in fließenden oder stehenden Gewässern auf Steinen oder an Holz. Sie fressen Kieselalgen, Algenaufwuchs und verrottende Pflanzenteile.
Die kleinen Napfschnecken können ganz plÖtzlich auftauchen und auch plÖtzlich wieder verschwinden. Sie sind nicht schädlich und müssen auch nicht bekämpft werden. Vermutlich werden sie als Gelege an Pflanzen ins Aquarium verschleppt. Ich habe aber auch beobachten können, dass sie gut verborgen über Jahre in Aquarien leben können. Solange sie sich nicht massenhaft vermehren, sind die kleinen transparenten Tiere sehr unauffällig. Sie leben scheinbar auch zwischen den Steinen im Boden.
Zu den einheimischen Arten gehört die Teichnapfschnecke (Acroloxus lacustris).
Sie sitzt häufig an Schilf. Wegen ihrer ähnlichkeit mit den lästigen Schildläusen, die wir von unseren Zimmerpflanzen kennen, werden sie manchmal als "Schilfläuse" bezeichnet.
Sie saugen jedoch keinen Pflanzensaft, sondern weiden Algen ab. Ihr Gehäuse ist dünn, durchscheinend hornfarben, 4-bis 7 mm lang, bis 3,5 mm breit und 1,2 bis 2 mm hoch.
Die zipfelige Gehäusespitze zeigt nach links hinten.
Der Körper ist von der Schale immer völlig bedeckt. Die Gelege sind rund und glasklar.
Sie haben einen Durchmesser von 2-4 mm und enthalten bis zu 10 Eier. Teichnapfschnecken sind in langsamen Fließ- und in Stillgewässern an Pflanzen zu finden.
Die Art ist, mit Ausnahme des äußersten Nordens, in ganz Europa verbreitet und nur stellenweise selten. Die Tiere werden in Wassertiefen bis zu 13 m gefunden.
Zur Familie der Acroloxidae gehören 4 weitere europäische Arten, die nur in Südeuropa endemisch vorkommen.
Allerdings gibt es auch in anderen Teilen der Welt Acroloxus-Arten.
Die Rocky-Mountain-Napfschnecke (Acroloxus coloradensis) kommt zum Beispiel in Gebirgsflüssen der Rocky Mountains vor.
Das Gehäuse der Flussnapfschnecke (Ancylus fluviatilis) ist bis 3,5 bis 8 mm lang und 2- 3,5 mm hoch. Es ist durchscheinend weißlich bis braun.
Die Spitze sitzt etwa mittig auf der Gehäuseachse und zeigt nach rechts hinten. Diese Art benötigt bewegte Gewässer und steinigen Untergrund.
Sie ist in den Brandungszonen von Seen und in Flüssen zu finden. Auch relativ saure Gewässer bieten ihr gute Lebensbedingungen.
Ein Gelege dieser Schneckenart hat einen Durchmesser von 2-4 mm und umfasst 3-10 Eier. Nach drei bis 4 Wochen schlüpfen die Jungen. Sie leben etwa ein Jahr.
Mit zunehmender Steigerung der Wasserqualität hat sich diese Art weiter ausgebreitet. Sie ist in ganz Europa häufig.
Ein Vergleich von 103 Populationen aus ganz Europa hat ergeben, dass vier genetisch deutlich unterschiedliche Linien abgrenzen lassen.
Es wird vermutet, dass es sich um einen Komplex aus ähnlichen Arten handelt. Die bei uns einheimische Form entspricht dem Typus von Ancylus fluviatilis.
Ancylus gehört zur Familie der Tellerschnecken (Planorbidae). In der Gattung gibt es sieben Arten.
Die bei uns in den Aquarien auftretenden Mützenschnecken wurde lange als Ferrissia wautieri bezeichnet.
Mittlerweile gibt es Genanalysen, die belegen, dass es sich um Ferrissia fragilis handelt.
Das Gehäuse ist bis 3,2 mm lang, 1,5 mm breit und 1 mm hoch. Die Spitze ist stumpf und zeigt nach rechts hinten.
Manchmal ist das Gehäuse an der Unterseite bis zu zweidrittel mit einem Septum verschlossen.
Die Art ist nahezu weltweit verbreitet. Sie stellen keine hohen Ansprüche an die Wasserqualität und sind recht unempfindlich gegenüber hohen Temperaturen, Sauerstoffmangel und Austrocknung.
Sie lebt auf Pflanzen und ästen im Wasser. Es wird nachgewiesen, dass sich diese Art ausschließlich durch Jungfernzeugung fortpflanzt.
Dillon & Herrmann (2009) vermuten, dass es sich bei Ferrissia fragilis um ein jüngeres Synonym von Ferrissia rivularis handelt.
Die Schnecken sind bereits im Alter von etwa 30 Tagen geschlechtsreif. Die Eier werden meistens einzeln abgelegt. Sie haben einen Durchmesser von etwa 0,6 mm.
Literatur:
R.T. Dillon, J.J. Herrmann (2009): Genetics, Shell Morphology, and Life History of the Freshwater Pulmonate Limpets Ferrissia rivularis und
Ferrissia fragilis.- Journal of Freshwater Ecology, 24 (2), 261 - 271
GlÖer, P. (2002): Die Süßwassergastropoden Nord- und Mitteleuropas.- Die Tierwelt Deutschland Band 73
H. W. Ludwig (2003): Tiere und Pflanzen unserer Gewässer - Merkmale, Biologie, Lebensraum und Gefährdung.- BLV-Verlagsgesellschaft mbH, München
Pfenninger, M., S. Staubach, C. Albrecht, B. Streit and K. Schwenk (2003):
Ecological and morphological differentiation among cryptic evolutionary lineages of freshwater limpets of the nominal form-group Ancylus fluviatilis (O. F. Muller, 1774).- Molecular Ecology 12: 2731-2745.
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