Die eleganten Blüten der Lilien begeistern den Menschen schon seit langem. Die Madonnenlilie (Lilium candidum) wird in Europa bereits seit über 2500 Jahren kultiviert. Die Pflanze fand unter anderem Verwendung in religiösen Ritualen. Sie ist eine von drei Arten der Gattung, die bei uns in Deutschland heimisch sind. Die zwei anderen sind die Türkenbundlilie (Lilium martagon) und die Feuerlilie (Lilium bulbiferum). Die Gattung Lilium kommt natürlich nur auf der Norhalbkugel vor. Es gibt insgesamt etwa 80 bis 100 Arten in Europa , Asien und Nordamerika. Als Lilien werden aber Arten aus anderen Gattung bezeichnet. Die Faltenlilien (Lloydia) sind nahe Verwandte der echten Lilien. Die übrigen "Lilien" wie die Belladonna-Lilie (Amaryllis belladonna), die Taglilien (Hemerocallis) oder die Jakobslilien (Sprekelia) gehören nicht einmal zu den Liliengewächsen. Diese Arten werde ich hier nicht näher vorstellen.
Lilien sind Zwiebelpflanzen. Die meisten der gepflegten Arten und Sorten haben konzentrische Zwiebeln mit über einander liegenden konkaven Schuppen, die sich dicht um den Vegetationspunkt schließen. Aus der Mitte wächst der Blütentrieb. Die Wurzeln wachsen aus dem Zwiebelboden. Wenn die Pflanze verblüht ist, trocknet der Stängel ein. Es haben sich zwei neue Vegetationspunkte gebildet und die Zwiebel bricht oft auseinander. Die Türkenbundlilien haben taillierte Schuppen. Sie sind eingschnürt und brechen leicht ab. Die Schuppen vieler amerikanischer Arten lösen sich leicht ab. Sie dienen der vegetativen Vermehrung. Ã��ltere Knollen bleiben erhalten und sind mit einem Rhizom verbunden. Blütenknospen sitzen aber nur an den jüngeren, weißen Zwiebeln. Nur wenige Arten treiben wie Lilium canadense aus einer konzentrischen Zwiebel unterirdische Ausläufer an deren Spitzen sich neue Zwiebeln bilden. Lilium duchatrei und andere asiatische Lilien bilden aus konzentrischen Zwiebeln Blütensproße, die unter der Erde von der Mutterpflanze fortwachsen und dann erst in 30 bis 60 cm Entfernung von der Zwiebel aus der Erde kommen. Die Pflanzen blühen also nicht wo sie gepflanzt wurden. Bei der Bodenbearbeitung muss man darum vorsichtig sein, damit der Trieb nicht versehentlich durchtrennt wird. Die Blütentriebe einiger Arten können bis drei Meter hoch werden (Baumlilien). Die Blätter der Lilien sind lanzettlich bis breit alnzettlich. Sie sind in Quirlen angeordnet oder wechselständig. Meist sind die Blätter sitzend. Bei den Orientalischen Lilien und ihren Hybriden werden teilweise Blattstiele ausgebildet. An den Blütenstielen und in den Achseln der Blätter sitzen bei einigen Arten Brutzwiebeln, die abfallen und später keimen.
Brutzwiebeln an der Basis einer Baumlilie |
Zwiebel einer abgeblüten Asiatischen-Hybride. |
schwarze Brutzwiebeln an Tigerlilie |
Im August trocknet der Blütenstiel ein und die Brutzwiebeln der Tigerlilien fallen auf den Boden. |
Die Blüte sind dreizählig. Je drei Kelch- und Kronblätter sind gleich gefärbt und geformt (Tepalen). Die Narbe und die sechs Staubblätter mit den großen Staubgefäßen ragen weit heraus. Die Blütenblätter sind weiß, gelb, orange, pink, rosa, oder rot. Oft sind sie mehrfarbig.
Narbe und Pollensäcke einer Lilie. |
Es gibt Farbverläufen, klar abgegrenzten Punkten oder Flecken und
Aderungen. Bei Manchen findet man Erhebungen (Papillen) auf der
Innenseite der Blütenblätter. Es gibt schiffchenförmige Blütenblätter
und solche, die anch hinten gerollt sind. In der Natur überwiegen
hängende Blüten. Durch die Zucht für die Schnittblumenkultur entstanden
vor allem Sorten mit aufrechten nach oben gerichteten Blüten. Da
der Pollen sehr klebrig ist und stark färbt, besteht die gefahr, dass
Tischwäsche und Kleidung damit verfärbt wird. Für die Schnittkultur
gibt es darum spezielle pollenlose Sorten. Gefüllte Sorten sind selten und es gibt sie erst seit etwa 1995 - 2000.
Gefüllte Sorten:
Lilium tigrinum flore plenum: gefüllte Tigerlilie, orange mit schwarzen Punkten
´American Dream´: cremeweiß, ca. 80 cm, duftet
´Cocktail Twins´: rot mit gelben Spitzen, 70 cm, duftet
´Double Sensation´: rosa mit weißem Zentrum und weißen Spitzen, 60 cm, duftet
´Fata Morgana´: zitronengelb mit orange-braunen Punkten, 70 cm, duftet
´Spring Pink´: zartrosa mit dunklerem Saum, 70 cm, duftet
Je nach Abstammung bringen Lilien nur eine oder zwei Blüten oder bis
mehr als 100 hervor.
Die Früchte sind Schoten mit zwei Kammern. In jeder Kammer liegen zwei
Stapel, scheibenförmiger Samen. Bis zu 100 Samen kann eine Kapsel
enthalten. Die Keimfähigkeit liegt nahe bei 100 %. Das Keimblatt ist
meist bandförmig. Bereits beim Erscheinen der ersten Laubblätter
beginnt die Bildung der Zwiebeln.
Bei einigen Lilienarten findet man neben Samen auch Brutzwiebeln mit
Wurzeln. Die Jungpflanzen bilden im ersten Jahr eine grundständige
Blattrosette. Im zweiten Jahr bilden einige bereits einen Stiel aus,
der aber nicht immer eine Blüte trägt. Erst im dritten oder vierten Jahr ist die
Zwiebel so kräftig, dass die Pflanzen blühen und fruchten kann.
Diese hohen gelb-orangen Lilien bringen jedes Jahr wieder viele Blüten.
Die Pflanzen sind etwa 140 cm hoch.
Die meisten Lilien gedeihen
am besten auf durchlässigem, nährstoffreichem, leicht saurem Boden.
Einige benötigen aber kalkhaltigen Boden. Sie mögen vollsonnige
Standorte.
Viele lassen sich leicht in Kübeln pflegen. Selbst größere Sorten und Arten kann man sich so leicht auf die Terrasse holen.
Bis zur Blüte brauchen die
Pflanzen etwa 14 Wochen (100 Tage) bis zur Blüte. Kultiviert man die
Pflanzen an einem warmen Ort in Kübeln vor, blühen die Pflanzen früher,
als wenn man die Zwiebeln im Frühjahr direkt in den Garten setzt.
Meistens werden Lilien im Herbst gepflanzt.
Gepflanzt wird in zwei- bis
dreifache Zwiebeltiefe und mit einem Abstand der dreifachen
Zwiebelbreite. Die meisten Lilien sind absolut winterhart. Sie
müssen nicht im Haus überwintert werden und brauchen auch keinen
Winterschutz.
Große Zwiebelklumpen sollten nach 3 bis 4 Jahren geteilt werden. Danach blühen die Pflanzen erst nach 1 bis 2 Jahren wieder.
Die Lilien werden nach verschiedenen Merkmalen Klassifiziert (Keimung, Verteilung der Blätter, Zwiebelform, Blütenblätter mit oder ohne Papillen etc.). Innerhalb einiger Sektionen gibt es Untergruppen (a, b, c, etc.). Die Hybriden werden unabhängig von der Klassifizierung der Arten in 8 Divisionen unterteilt.
Lilienklasse | Merkmale |
Arten (Auswahl) |
Martagon Sektion (Sektion 1) |
Keimung über der
Erde (hypogäisch), verzögert, Blätter in Quirlen, Zwiebelschuppen
tailliert, schwere Samen, glatte Blütenblätter, relativ kleine Blüten,
Früchte so lang wie breit |
L. martagon L. distichium L. hansonii L. medeoloides L. tsingtauense |
Amerikanische Sektion (Sektion 2) |
Keimung über der
Erde, verzögert, Blätter in Quirlen, Zwiebelschuppen tailliert (außer
in 2 a), Zwiebeln mehr oder weniger rhizmartig und nicht aufrecht,
schwere Samen (außer in 2 c), glatte Blütenblätter, Stängel aufrecht |
L.humboldtii L. columbianum L. kelloggii L. washingtonianum L. rubesccens L. canadense |
Candidum Sektion (Sekton 3) |
Keimung unterirdisch
( mit Ausnahmen), verzögert, Blätter zerstreut, zahlreiche große
Zwiebelschuppen, schwerer Samen, turbanförmige Blüten (mit Ausnahme von
L. candidum und L. bulbiferum), aufrechte Stängel, keine Wurzeln am
Stängel oder selten. |
L. candicum L. pyrenaicum L. polyphyllum L. bulbiferum |
Orientalische Sektion (Sektion 4) |
Keimung über dem
Boden verzögert, Blätter wechselständig mit ausgeprägtem Blattstiel,
eng anliegende Zwiebelschuppen, aufrechte zwiebeln, Trompetenblüten
(außer L. auratum, L. speciosum), weiß |
L. speciosum L. japonicum L. auratum L. rubellum |
Asiatische Sektion (Sektion 5) |
Keimung unter der
Erde (epigäisch), sofort, Blätter zerstreut, eng anliegende
Zwiebelschuppen, aufrechte Zwiebeln, leichter Samen (außer L. henryi,
L. amabile), turbanförmige Blüten, weiß (mit Ausnahmen), weitere
Merkmale in den Untersektionen z.B. Samen geflügelt in a und b. |
L. duchartrei L. davidii L. concolor L. nepalense |
Trompetenlilien-Sektion (Sektion 6) |
Keimung unter der
Erde, sofort, Blätter zerstreut, ohne Stiele, eng anliegende
Zwiebelschuppen, leichter Samen (mit Ausnahmen), aufrechte Zwiebel,
große Narben, Wurzelbildung am Stängel, trompenförmige Blüten, Zwiebln
zum Teil purpurrot oder braun |
L. regale L. longiflorum L. sulphureum L. wallachianum |
Dauricum-Sektion (Sektion 7) |
Keimung oberirdisch,
sofort, wechselständige Blätter mit Stielen, Taillierte Schuppen,
Blütenblätter mit Papillen, aufrechte Blüten, aufrechte weiße Zwiebeln,
Stolonen treibende Zwiebel mit Wurzeln |
L. dauricum L. maculatum L. wilsonii |
Mit einer geschickten Sortenauswahl kann man sich von Juni bis in den September an Lilienblüten freuen. Zu den früh blühenden Lilien gehört Lilium pyrenaicum. Die gelben Blüten öffnen sich breits im Juni / Juli. Auch die Feuerlilie (Lilium bulbiferum) und die Königslilie (Lilium regale) blühen ab Juni. Asiatische Hybriden wie "Red Carpet", "Fire King" und "Harmony" sind ebenfalls früh. Der Marmor-Türkenbund (Lilium duchatrei) blüht im Juli. Orientalhybriden wie "Casa Blanca" blühen im Juli / August. Ebenso die Trompeten-Hybriden ("Bright Star", "Black Magic" und "Golden Splendor"). Die Osterlilie (Lilium longiflorum) gehört zu den spät blühenden Arten. Sie öffnet ihre weißen Blüten erst im August / September. Die Goldbandlilie (Lilium auratum var. platyphyllum) blüht von Juli bis in den September hinein.
Die Türkenbundlilie ist von Europa bis nach Korea verbreitet. Sie ist die Art mit de größten Verbreitungsgebiet. Die Blüten sind nach unten gerichtet und haben die Form von kleinen Turbanen. Bei der Nominatform sind sie rosa. Die Blütenblätter sind nach oben geschlagen und weisen dunkle Flecken auf. Es gibt mehre Varietäten. Lilium amrtagon var. cattaniae hat burgunderrote Blüten. Sie glänzen wie Lack. Die Knospen und Stängel der Form sind behaart. Eine rein weiße Form ist als L. mortagon var. album bekannt. Manchmal haben die Blüten rosafarbene Flecken. Diese Lilie verträgt leichten Schatten und wächst in jedem nicht staunassen Boden.
´Star Gazer´ ist eine Orientalische Hybride. Die Blüten sind als Schnittblumen lange haltbar. Blüht im Juli und duftet. |
´Netty´s Pride´ gehört zu den Asiatischen Hybriden Sie wird etwa 90 cm hoch. Die Blüten öffnen sich im Juni/Juli und sind geruchlos. |
Die Tigerlilie (Lilium lancifolium Syn. L. tigrinum) ist eine Art aus der Asiatischen Sektion. Sie produziert viele Brutzwiebeln in den Blattachseln. |
´Citronella´ ist eine gelbe Form von Lilium lancifolium. |
´Fata Morgana´ ist eine gefüllte Lilie. |
Die Staubblätter sind umgewandelt, darum gibt es keinen Pollen. |
Knospe, eine frische Blüte (rechts) und eine alte Blüte (links) an einer gefüllten Liliensorte. |
eine rote asiatische Hybride |
´Fire King´ gehört zu den frühen Sorten und blüht im Juni. |
´Robert Swanson´ wird etwa 110 cm hoch und blüht vom Juli bis in den September |
Literatur:
W. Rothmaler (2002): Exkursionsflora von Deutschland - Gefäßpflanzen
Grundband.- Spektrum Ahakdemischer Verlag, Heidelberg, Berlin
M. Jefferson-Brown (2004): Lilien - Das Handbuch zur Auswahl, Gestaltung und Pflege.- Christian Verlag, München
R. Rosenfeld (2005): Knollen- und Zwiebelpflanzen.- Garten kompakt, Dorling Kinsley GmbH, Starnberg
The Royal Horticultural Society (2005): Blumenzwiebeln und Knollen.- Dorling Kindersley Verlag GmbH, Starnberg
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