In den 1960ern und 1970ern wurde untersucht wie Licht die Keimung von Samen beeinflusst.
Dabei wurde festgestellt, dass es Pflanzenarten gibt, deren Samen über ein Hellrot-Dunkelrot-Phytochromsystem verfügen und damit auf Licht reagieren können.
Ihr Phytochromsystem wird durch hellrotes Licht (Wellenlänge ca. 660 nm) aktiviert und durch dunkelrotes Licht (Wellenlänge ca. 730 nm) wieder deaktiviert.
Auf einer sonnenbeschienen Fläche ist der Anteil an hellrotem Licht etwas höher als der vom dunkelroten Licht (Verhältnis 1,2:1).
Im Schatten unter Blättern, also unter dem Laubdach im Wald oder am Boden in einem dichten Pflanzenbestand auf einer Wiese, ist der dunkelrote Anteil sehr viel größer als der vom hellroten Licht.
In einem Buchenwald beträgt das Verhältnis von hellrotem zu dunkelrotem Licht etwa 0,05:1.
In der Sonne wird die Keimung von Lichtkeimern durch den hellroten Lichtanteil gefördert. Im Schatten wird die Keimung durch den größeren Dunkelrot-Anteil gehemmt.
Im Gegensatz dazu wird bei Dunkelkeimern die Keimung durch hellrotes Licht gehemmt. Sie keimen darum besser im Schatten.
Physiologisch gibt es also "Sonnenlichtkeimer" und "Schattenlichtkeimer". Dunkelheit, also das Fehlen von Licht, hat zunächt einmal keine Auswirkung auf die Keimung.
Mehr Infos dazu findet Ihr bei Keimung und Aussaat.
In der gärtnerischen Praxis bezeichnen wir als Lichtkeimnern solche Pflanzen, die wir bei der Aussaat nicht mit Erde abdecken.
Dunkelkeimer werden mit 1 cm oder mehr Erde abgedeckt. Bei "Neutralkeimern" ist das Abdecken für die Keimung nicht notwendig.
Salat, Tomaten und Möhren werden 1 cm tief ausgesät und keimen dabei gut. Physiologisch sind sie aber Lichtkeimer, weil ihre Keimung durch dunkelrotes Licht gehemmt wird.
Das sorgt immer wieder für Verwirrung, wenn Gartenneulinge mit der Aussaat irgendeines Gemüses keinen Erfolg hatten und dann "herausfinden", dass es sich "eigentlich um einen Lichtkeimer" handelt".
An dieser Stelle möchte ich alle beruhigen, die dann ganz empört sind, weil das ja nicht auf der Saatgutpackung stand. Salat, Möhren und Tomaten werden bei der Aussaat mit Erde abgedeckt.
Das ihr keinen Erfolg hattet liegt ganz einfach daran, dass ihr etwas falsch gemacht habt.
Samen brauchen zum Keimen Wasser, Sauerstoff und die richtige Temperatur. Passt da was nicht, klappt es nicht mit dem Keimen. (guckst du hier)
Um herauszufinden, wie sich nun Licht und Dunkelheit und das Abdecken mit verschiedenen Substraten auf die Keimung auswirkt, habe ich zwei kleine Experiment gemacht.
Samen werden ausgesät und nicht mit Substrat abgedeckt
Im Test sind Ziertabak und Impatiens, die laut Kulturanleitung nicht mit Substrat abgedeckt werden dürfen.
Dazu wurden die Dunkelkeimer Lupine, Ringelblume, Kornblume und Popcornmais ausgesät.
Als Vergleich dienen Mangold, Grünkohl und Tagetes, die weder als Licht- noch als Dunkelkeimer gelten.
Zuckermais (Dunkelkeimer), Auberginen (Neutralkeimer) und Stevia (Lichtkeimer) laufen außer Konkurrenz mit, weil mein Saatgut bereits recht alt ist.
Von jeder Art wurden in zwei Schalen Samen auf Anzuchterde ausgesät. Die eine Schale wurde mit Klarsichtfolie abgedeckt, die andere Schale mit lichtundurchlässiger Alufolie.
Die Samen sollen also einmal im Licht und einmal im Dunkeln keimen.
In je 6 Schalen wurden immer zwei Sorten von Gemüse oder Zierpflanzen ausgesät. Die Hälfte der Schalen wurden dann mit Alufolie lichtdicht verschlossen, die anderen mit lichtdurchlässiger Frischhaltefolie.
Die folgenden Bilder zeigen die Keimung am 5. Tag nach der Aussaat.
Es ist deutlich zu sehen, dass die Sämlinge in der Variante mit dem Licht grün sind und die im Dunkeln gewachsenen gelb.
Die Keimung ist aber in beiden Varianten gleich. Die Dunkelkeimer Mais, Kornblume, Ringelblume und Lupine sind im Dunkeln und im Hellen gekeimt.
Bei den Lichtkeimern Impatiens und Stevia hat sich in beiden Fällen nichts getan.
Auch bei Grünkohl, Mangold und Tagetes gibt es keine Unterschiede.
Nach den Aufnahmen habe ich die Schalen nicht wieder mit Alufolie abgedeckt, damit die Sämlinge nicht absterben. Von nun an geht es also für alle Sämlinge und Samen im Hellen weiter.
Am 9. Tag sieht das Ergebnis dann so aus. Impatiens und Ziertabak sind inzwischen gekeimt.
Unterschiede zwischen der Variante, die zunächst 5 Tage abgedeckt war und der, die ständig Licht hatte sind nicht zu sehen.
Die Auberginen sind in beiden Varainten nicht gekeimt und auch die Stevia ist kaum aufgegangen. Hier hatte das Saatgut keine Keimkraft mehr.
Fazit des Versuchs: Dunkelkeimer keimen auch im Licht. Lichtkeimer werden durch Dunkelheit nicht am Keimen gehindert, bzw. Licht beschleunigt ihre Keimung nicht und erhöht auch nicht die Keimrate.
Samen werden ausgesät und mit verschiedenen Substrat abgedeckt
In 5 Anzuchtschalen wurden jeweils ein Reihe Fingerhut, Kokadenblume, Löwenmäulchen, Basilikum, Salat, Möhren und Spinat ausgesät.
Der Spinat stammt aus einem Restbestand vom Vorjahr.
Die 5 Schalen wurden dann unterschiedlich abgedeckt:
1. keine Abdeckung mit Substrat
2. sofortiges Abdecken mit 3 mm Anzuchterde
3. sofortiges Abdecken mit 3 mm Vermiculite
4. sofortiges Abdecken mit 3 mm feinem Sand
5. 6 Stunden nach der Aussaat abdecken mit Anzuchterde
In allen Fällen wurde die Anzuchterde in die Schalen gefüllt, eingeebnet, angedrückt und gewässert. Dann wurden die Samen aufgestreut und angedrückt.
Bei den Varianten mit Substratabdeckung wurden auch die Abdeckung eingeebnet, angedrückt und angefeuchtet. In allen Varianten wurden die gleiche Menge Saatgut ausgebracht.
Die größeren Körner wurden abgezählt. Bei den feiner Samen habe ich auf eine optisch gleichmäßige Verteilung geachtet.
Das feine Löwenmäulchensaatgut ließ sich schlecht verteilen und reichte am Ende für die zwei Varianten mit der Abdeckung aus Anzuchterde nicht.
So sahen die Aussaatkisten nach der Aussaat aus.
Nach 7 Tagen bot sich dann dieses Bild. Egal ob ohne oder sofort oder später mit Aussaaterde abgedeckt, alle Pflanzen sind gekeimt.
Hier ist der Vergleich zwischen nicht abgedeckten Samen, Vermiculite und Sand zu sehen.
Bei allen Pflanzen sind die Samen mit oder ohne eine Abdeckung mit Anzuchterde, Vermiculite oder Sand gekeimt. Der Spinat ist innerhalb der 7 Tagen nirgens gut aufgegangen.
Das Saatgut hatte hier keine gute Keimfähigkeit mehr. Es keimten weniger als 20% der Samen.
Lichtkeimer benötigen zum Keimen kein Licht! Sie keimen sowohl unter einer Lichtundurchlässigen Folie, als auch unter einen 0,5 cm dicken Abdeckung aus Anzuchterde, Vermiculite oder Sand.
Im Verlauf des Versuchs war aber deutlich, dass die kleinen Sämlinge in den Varianten mit der Substratabdeckung erst einen oder zwei Tage später sichtbar waren, als in der nicht abgedeckten Variante.
Das liegt daran, dass die Sämlinge erst einen halben Zentimeter in die Längen wachsen mussten, um die Oberfläche zu durchbrechen.
Bei sehr kleinen Samen kann es vorkommen, dass die Sämlige zu klein sind, um die Erdoberfläche zu erreichen, wenn sie zu dick mit Substrat bedeckt werden.
Dann sterben sie in der Erde ab, weil sie es nicht bis zum Licht schaffen. Darum gilt bei Saatgut die Faustregel:"Samendick oder in zweifacher Samenstärke mit Erde bedecken."
Feine Samen werden darum am Besten auf das Subsrat gestreut und angedrückt. Sie sind also "Oberflächenkeimer". Licht brauchen sie zum Keimen nicht.
Als Lichtkeimer wurden nach Versuchen in den 1960ern und 1970ern Pflanzen bezeichnet, die an unbeschatteten Stellen keimen bzw. eine Keimruhe unter Einfluß von hellrotem Licht aufgehoben werden kann (siehe oben).
Zu diesen Lichtkeimern gehören auch Möhren und Salat. Aber sie sind keine Oberflächenkeimer und können darum 1 - 1,5 cm tief ausgesät werden.
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